von Hermann Streng
Vom Witthoh-Namen
“Der Witthoh ist ein echter Tuttlinger Hausberg, auch wenn er von Singen und dem Hegau her als “Feldberg des Hegaus” ebenfalls “eingemeindet”
wird. Schon mancher hat sich gefragt, was wohl der Name bedeuten soll. Auf alle Fälle darf man den Berg nach der Mundart von Tuttlingen nicht in Verbindung bringen mit dem Wörtchen “witt”,
das wir als “willst” benützen. Es kann also niemals heißen: “Witt du hoh uffe, gaost uff dä Witthoh!” Doch sagt man in Tuttlingen und Umgebung immer “der” Witthoh, so
daß schon daraus zu schließen ist, daß ein besonderer Sinn darin liegt. In der ersten Auflage des Hegauführers, den der Schwarzwaldverein herausgegeben hat, sprach der Verfasser — er stammte aus
Norddeutschland — von “die Witthoh”. Er ging dabei von der plattdeutschen Bezeichnung “Witt” gleich weiß aus, und glaubte den Namen mit weißer Höhe übersetzen zu
können. Wir kommen aber auf eine andere Erklärung, wenn wir das bekannte Schwäbische Wörterbuch von Fischer zu Rate ziehen. Dort finden wir das Wort “der Wit” für Wald oder Holz, angewendet
für den jungen Wald, in dem man alljährlich Gemeindeholz schlagen durfte, das man dann Witholz nannte. Der Hau, oder Tuttlingerisch ausgesprochen “der Houb” war ein bereits abgeholztcs
Waldgebiet, in dem der Jungwuchs schon sichtbar war. Dazwischen gab es jeweils die besten Himbeeren, und ein solcher Hintele-Houb war im Sommer beliebtes Sammelgebiet. In der Mehrzahl hieß es dann
“Häib”, was aber nichts mit der mundartlichen Bezeichnung für Heu zu tun hatte, wenn man statt von “heuen” von “heibä” spricht. Die forstamtlichen Bezeichnungen auf
den Witthoh-Höhen lauten “Witthau”. Da ist es dann kein weiter Weg, bis das “hau” im Volksmund zu “hoh” abgeschwächt wird.
Also ist der Witthau ein Platz, an dem früher jeweils Jungholz geschlagen wurde. Witthoh ist der Name für einen Waldteil, so daß man bei einer etwaigen Übersetzung etwa von
waldiger Höhe, aber nie von weißer Höhe sprechen dürfte. Im Mittelhochdeutschcn hat man sehr gern Worte mit gleichem Buchstabenanfang benützt. Die Alliteration “Wonn und Weide” finden wir bei
Walter von der Vogelweide, aber auch in vielen Urkunden, wenn es sich um Grenzbeschriebe handelt und die Nutzung benachbarter Grundstücke für den Weidebetrieb. Da finden wir die Bezeichnung “Wunn,
Witt, Wasser, Weide”, was wir heute prosaischer etwa mit Wiesen-, Wald-, Wasser- und Weidenutzung übersetzen würden.
Nach alldem lassen wir unserem Witthoh die männliche Bezeichnung und sprechen auch weiterhin immer noch über den Witthoh, doch niemals über die Witthoh. “3
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